Den nachfolgenden Artikel habe ich aus der vom 05.02.2005 wörtlich übernommen.
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Mit einer guten Verkleidung erregt man überall Aufsehen - das gilt auch für Autos. Thomas Morawek hat einen alten VW Bus verkürzt und beklebt. Das interessiert besonders die Polizei.

Ich war noch keine fünf Minuten unterwegs mit dem verkürzten VW-Bulli, da sah ich einen Streifenwagen im Rückspiegel. Ein paar Minuten lang fuhr der hinter mir her. Ich habe in den Gesichtern der Polizisten gesehen, dass die sich gefragt haben: Träume ich oder ist das Wirklichkeit? Ich wusste genau: Gleich kommt die KeIle raus. Und so war es auch. "Ich glaube nicht, was ich hier sehe!", hat der erste Beamte gesagt und über das ganze Gesicht gegrinst. Weil den Polizisten sonst nichts eingefallen ist, haben sie sich erstmal auf die Ähnlichkeit mit den richtigen Streifenwagen konzentriert. Aber das ist alles absolut rechtens, ich habe mich vorher schlau gemacht, wie weit ich gehen darf. Ein grün-weißes Auto zu fahren, kann mir niemand verbieten, das Blaulicht ist abgedeckt und der Schriftzug "Bullyzei" ist nur ähnlich mit "Polizei", es ist also eigentlich keine Verwechselung möglich. Die Beamten haben das Auto dann fotografiert und sind weitergefahren. Dreimal bin ich alleine am ersten Tag kontrolliert worden, danach hat mich jeder Streifenwagen angehalten, der mir begegnet ist: Manche Polizisten haben gar nichts mehr gesagt, die haben einfach ihr Foto gemacht und sind wieder gefahren. Ich glaube, mittlerweile hängt das Bild auf jeder Wache in Mainz. Der kleine Bulli ist ein Einzelstück, ich habe ihn eigenhändig gekürzt. Ich wollte unbedingt SO ein Auto. Auf einem Foto in den USA habe ich mal so einen VW Bus gesehen, und danach hat mich die Idee nie mehr los gelassen. Ich wollte den Gag. ich wollte etwas, was es zumindest in Europa noch nirgendwo gab, für mein Geschäft Hollywood Cars. Ich vermiete besondere Autos, meist aus den USA. Aber meine Leidenschaft ist der VW Bus T1, der zwischen 1950 bis 1967 gebaut wurde. Es ist einfach die Reaktion der Leute. Wenn man mit einem alten Cadillac herunfährt, sagt jeder: "Guck dir mal den Spritschlucker an. Wenn sie einen VW-Bus sehen, dann bleiben alle stehen, egal ob jung oder alt, halten den Daumen hoch und lachen." Mit so einem Auto kommt man einfach super rüber.
Zwei VW T1 hatte ich schon und dann wurde mir ein dritter angeboten, total verrostet. Ich dachte mir: Okay, das ist es, den verkürzt du jetzt. Obwohl ich davon eigentlich keine Ahnung hatte, ich bin zwar Kfz-Mechaniker, aber kein Karosseriebauer. Ein Freund und ich, wir haben uns an die Arbeit gemacht, in meiner Werkstatt. Das war nicht besonders schwierig. Jemand, der den Winter über Zeit hat, kann das selbst machen. Wir haben genau da den Schweißbrenner angesetzt, wo die Stahlträger vom Dach zum Boden laufen. Dann haben wir das Mittelteil herausgenommen, die Nahtstellen verpunktet, die Teile zusammen geschoben, verschweißt - fertig. Viel länger als das Verkürzen hat es gedauert, die verrosteten Stellen zu entfernen. Vier Monate haben wir an dem Wagen gearbeitet.
Und dann stand das Ding vor uns: So hochbeinig, dass an Fahren gar nicht zu denken war. Dadurch, dass wir das Mittelteil herausgenommen hatten, fehlten dem Auto circa 300 Kilogramm. Aufhängung und Radfedern sind aber für das Originalgewicht ausgelegt. Ich habe lange überlegt, wie ich den Wagen beschweren kann. Nehme ich Stahlplatten? Am Ende habe ich eine Box gebaut, die genau in die Mulde zwischen Vorder- und Hinterachse passt. Damit bin ich zum Kieswerk gefahren und habe gesagt: "Hier füllt ihr bitte so viel Schotter rein wie möglich." Das waren an die 250 Kilogramm. Seitdem liegt der Wagen anständig auf der Straße. Also wenn ich jetzt unten ein Loch im Boden hätte, würden da Kiesel herauskullern.
Aber das Fahren ist immer noch sehr schwierig, die Gewichtsverlagerung ist durch den Radstand von nur 1,20 Meter nicht mehr ideal. Außer mir und einem meiner Mitarbeiter hat niemand den Wagen unter Kontrolle, man braucht viel Übung. Beim Anfahren hebt der Bulli vorne ab, wenn ich bremse, geht er hinten hoch. Bei einer Vollbremsung würde der Bulli einen Purzelbaum machen, genauso auf Strecken mit Gefälle. Ich kann aber mittlerweile so fahren, dass ich weiß: Beim Bremsen hebt der Bus hinten nur 20 Zentimeter ab.
TÜV hat der Bulli nicht, aber wenn ich ihn fahre, habe ich rote Überführungskennzeichen dran, Probefahrten darf ich damit machen. Verkehrssicher ist er ja, Blink- und Bremslicht habe ich eingebaut und bis Tempo 50 ist er absolut sicher. Ich fahre mit dem Auto auch extrem vorsichtig, um nicht zusätzlich aufzufallen. Ich weiß ja: Das Auto ist für die Polizei sowieso schon eine Herausforderung.
Einmal musste ich aber 80 fahren. Auf der Autobahn wollte ich kein Verkehrshindernis sein. Ich musste den Wagen für eine Aktion von Mainz nach Frankfurt bringen. Wie die Leute reagiert haben, weiß ich gar nicht. Ich war nass geschwitzt, habe nicht links und rechts geschaut. Wenn man mit dem Wagen in eine Spurrille kommt ‚ zieht es einen brutal zur Seite. Als würde eine Windböe gegen das Auto drücken. wenn man in eine Windböe kommt. Den Bulli kann man dann kaum noch auf Kurs halten. Also Autobahn, das muss nicht noch mal sein. Die längste Strecke, die ich mit dem Mini-Bulli gefahren bin, war etwa 120 Kilometer lang, ich wollte in den Odenwald zu einem VW-Bus-Treffen. Aber ich wollte ja nur Landstraße fahren und nicht schneller als 60. Dazu hat es geregnet, ich habe weit über zwei Stunden gebraucht. Es war dunkel, als ich bei dem Treffen ankam. Nur zwei, drei Busse standen noch da. Aber die Jungs haben vielleicht geguckt! "Also diesmal habe ich wirklich zu viel gesoffen", hat der eine gesagt. Ein anderer hat den Kopf geschüttelt: "Mensch, wie kannst du so etwas machen mit so einem wertvollen Auto?" "Ich habe den Bulli vorm Verrosten gerettet", habe ich geantwortet.
Im Moment sieht der Bulli ganz anders aus. Die Grundfarbe vom Kleinen ist weiß, mit Klebefolien kann ich den Wagen innerhalb kurzer Zeit verwandeln. An Fastnacht geht er dieses Jahr als Krankenwagen, ein Karnevalsverein hat ihn gemietet. Bei dem steht dieses Jahr alles unter dem Motto: "Erste Hilfe kommt zu spät", die Mitglieder sind als Krankenschwestern verkleidet. Und zusammen mit dem Wagen sind sie unterwegs auf Fastnachtsumzügen. Was ich mir noch vorstellen könnte für den verkürzten Bulli, wäre, ihn als Feuerwehrauto zu gestalten. Aber das witzigste ist und bleibt die Bullyzei, weil das mit dem Wortspiel am besten passt.


HEUTE im TEST:
VW-Bus T 1 gekürzt, 34 Ps, 80 km/h, unverkäuflich.
Soundtrack: "Großes Glück" von Guildo Horn.
Minus: Winterkleidung erforderlich.
Plus: Lässt sich in der Garage wenden.


AUFGEZEICHNET VON: FREDERIK JOTTEN
ILLUSTRATION: PHILIPP KARGER




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